Sunday, September 7, 2008

Force Attack
Nachtrag

Danke an HaPü für den Link zu folgendem Text. Etwas zu zynisch für meinen Geschmack. Und die Punks kommen darin eindeutig zu gut weg. Menschen, auf die man qua Ordner-Autorität aupassen muß, daß sie sich nicht gegenseitig auf dem Klo anzünden, sind doch total bescheuert.

"Die Leute vor seiner Tür beobachtet Bauer W. durchaus mit Neugier, aber Jahr für Jahr eben auch mit unfassbarer Verständnislosigkeit. Ein Mann, seelisch so konstituiert, kann von Natur aus schon an solchen Geschehnissen gar nicht teilhaben." Da geht es mir ganz ähnlich.
Und Danke an Zotti für die Fotos der brennenden Dixies!


Die gut abgehangene Anekdote vs Der Fuchs
Von Dennis

Im folgenden eine Geschichte, die sich vor einigen Jahren ereignete.

I. Das schwarze Loch

In einem von mir wenig geliebten Bundesland, findet alljährlich ein üppig besuchtes Punk-Festival statt. Dann werden sämtliche umliegenden Ortschaften als auch Strände mit einer eigenartigen Touristenspezies bevölkert, deren Hauptemissionen Gegröle und pfandpflichtige Getränkebehälter sind: Punks. Die mittelschweren Zerstörungen im öffentlichen Raum, die die Punks allenthalben hinterlassen, zaubern nach Jahren der Gewöhnung fast schon ein verständnisvolles Lächeln in die steinernen Gesichtzüge der Anwohner. Auch die Plünderung des örtlichen Penny Markts wird als kleiner und deshalb gern zu zahlender Preis der touristischen Anbiederung angesehen. Wer braucht schon den Penny Markt, sagen sie. Denn Ostsee-Propaganda und die Tatsache, daß die lokale Wirtschaft nur an einem einzigen Wochenende im Jahr wirklich aufblüht, haben die Einwohner lernen lassen, dass jeder willkommen ist, solange nur die Pinke klimpert.

Und das ist auch fast das einzige was die Leute interessiert. Hier wo die Welt noch eine Scheibe ist. Von der ehemaligen rot-gebieterischen Regierungszusammensetzung in diesem eher konservativen Bundesland sollte sich der Betrachter nicht täuschen lassen. Kameradschaft wird hier groß geschrieben. Nicht umsonst wählen 7,3 Prozent der Einheimischen NPD, nicht zu unrecht werden die meisten von ihnen als Wendeverlierer bezeichnet. So weit das Auge reicht fehlt es an zivilisatorischen Mindeststandards oder wenigstens an einer soliden Identität, die es etwa mit dem von Rainald Grebe so vortrefflich besungenem Thüringen auf eine Stufe stellt. Aber dieses Land hat kein Gesicht. Kein Antlitz bei dem der Dichter die Schönheit der Worte auf die zu huldigen Umgebung münzen könnte. Dieses Land hat keinen Intellekt, dem beizeiten ein Denker entkam, um sich aufzumachen zu Neuanstößen im Zeitgeist der Vernunft. Auch hat dieses Land keinen Humor, mit seinen kulturfeindlichen und durch und durch unlustigen Eingeborenen, deren Höchstmaß an Unterhaltung bereits erreicht ist, wenn der Vater den Sohn abends mit der Mistgabel ums Lagerfeuer jagt. Dieses Land ist nur Arsch.

II. Der Bauer

Simpel, redselig und offenherzig gestrickt, intellektuell nicht vorbelastet und apathisch fast allem gegenüber, was nicht mit Landwirtschaften zu tun hat, das sind die rudimentären Eigenschaften unseres Helden. Ein ca. fünfzigjähriger geräumiger und in der Mitte dicklicher Mann, der zu weiten Teilen dem stereotypischen Bauernbild entspricht, dem sich Jahrhunderte lang Landwirtpoesie angedient hat. In Ermangelung eines besseren oder gar des wirklichen Namens des Landwirtes nennen wir ihn an dieser Stelle W. W.s Anwesen, ein Bauernhaus mit davor befindlichen kleinen Ställen und Viehgehege, grenzt an eine Weide, die am Festivalwochenende als Zeltplatz und riesige Campingtoilette herhalten muss. Mit ungläubigen Augen würde der eine oder andere von euch aufhorchen, wüsstet er, was an einem Wochenende dort so alles für verachtenswerte Dinge im Namen von Punk getan werden. Altersangemessene Verhaltenstrends wie sich mit Müll bewerfen, Müll essen, Komasaufen bis zum Verlust elementarer Kulturtechniken wie Aufrechtgehen oder Sprechvermögen, Tiere schlachten, einander mit Treckern überfahren – fun for everyone!, außer für den zurückgezogenen W. Zwar kann man sich sicher sein, dass der Bauer für den Punker-Spaß auf seiner Weide finanziell entschädigt wird, dass er aber für diese 3 Tage im Jahr seine Zeitung als für geklaut ansehen muss, ist schon eine arg bittere Pille. Schließlich ist in den Ruinen des örtlichen Penny Markts keine Neue zubekommen. Die Leute vor seiner Tür beobachtet Bauer W. durchaus mit Neugier, aber Jahr für Jahr eben auch mit unfassbarer Verständnislosigkeit. Ein Mann, seelisch so konstituiert, kann von Natur aus schon an solchen Geschehnissen gar nicht teilhaben wollen.

III. Das Prinzip Fuchs

Es geschah gegen Mittag, der Tatort: des Bauers Freiluftgehege, dessen Insassen zum größten Teil Hühner waren. Ein Hund, schätzungsweise mittelgroß und niederträchtig im Charakter, von seinem Herrchen offensichtlich aus den Augen gelassen, schlich sich auf den bäuerlichen Hof, überwand die Trennwände des Geheges und lief im Zuge eines ausgeprägten Blutrausches Amok. Ekstatisch bahnte er das Ende über das schutzlose Federvieh, das sich seiner Nichtzustimmung nur durch verzweifeltes Gekreische und Gegacker entledigen konnte. Dies wiederum rief nun den Bauern auf den Plan, der die Situation erkannte, sich blitzschnell eine Axt griff und dem bereits fliehenden Bluthund nachsetzte. Es ist ein unverrückbares Gesetz der Natur, dass ein Bauer den Mord seines Viehs ergo Eigentums nicht unvergolten lassen kann, und so scheuchte W. das Untier zäh für einige hundert Meter den Hügel hinauf und stellte den Schädling geradewegs auf der Straße, wo etliche Autos im Konvoi auf Einlass warteten. Vor dutzenden von Augen schlug W. den Köter tot.

Wenig später entfernte sich W. vom Tatort, das tote Tier unterm Arm.

Tage später auf den Fortgang der Geschichte angesprochen, berichtete uns der Bauer, zu diesem Zeitpunkt reichlich mit regionalem Gerste-Hopfen-Wasser-Gemisch aufgetankt, ungewohnt leichtzüngig. »Zweimal zugehaun« hatte er und zwar »aufn Kopp«. Eine Aussage, so klar und eindeutig, dass es eigentlich keines weiteren evaluierenden Inhalts bedurfte. Trotzdem stellte uns W., nicht ohne Stolz, in einer kurzen Demonstration die getanen Handbewegungen noch einmal pantomimisch dar. Den ephemeren Charakter der eigentlichen Tat betonend, verzog er beim Schlagen sein ohnehin wenig schönes Gesicht kurz zu einer von blitzartiger Entschlossenheit gezeichneten Kacken-Miene. Er entblößte ein kindliches Lächeln. Und dann? »Die Punkers« hätten infolgedessen aber »nüscht jemacht gehabt«, erklärte W. in unentstellter Weise, und auch der oder die BesitzerIn hätte sich direkt nach jenen einschneidenden Augenblicken wider Erwarten nicht zu erkennen gegeben. Das anwesende Heer von potentiellen Hundefreunden dachte anscheinend überhaupt nicht dran, sich diesen verrückten Axt-Bauern vorzuknöpfen, sondern harrte in Schockstarre. Erst gegen Abend tauchte eine junge Frau auf W.s Grundstück auf, die sich als Besitzerin des Hundes ausgab und die Herausgabe des Kadavers forderte. Ob der Nachfrage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel, wies W. uns richtigerweise auf die Möglichkeit hin, dass das Hühner-Massaker auch vom animalischen Mordbrenner »Fuchs« hätte begangen worden sein können und mit dem sei schließlich wenn schon, dann zumindest ein kurzer Prozess zu machen. »Sonst lernt der nüscht«. Well, wo er recht hat.

Ende

http://www.beatpunk.org/stories/die-gut-abgehangene-anekdote-vs-der-fuchs/

Da war doch der heutige electric dress-Abend sooo viel besser auf dem auf dem Theaterschiff.

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